Vorwort zum Buch
Hier und auf den folgenden Seiten finden Sie Auszüge aus dem Originaltext des Grundlagenwerks, der "Flora des Landkreises Harburg" von 1983 mit dem Nachtrag von 1991, der in einer neuen Auflage mündete.
Geleitwort zur 1. Auflage der "Flora" 1983
Vorwort zur 1. Auflage der "Flora" 1983
Mit dieser Flora wird für das Gebiet des Landkreises Harburg und seiner näheren Umgebung erstmals eine geschlossene, umfassende Zusammenstellung der gegenwärtig und früher vorkommenden Gefäßpflanzen (Schachtelhalme, Farne, Blütenpflanzen) vorgelegt. Eine solche Generalinventur der heimischen Flora scheint vor allem angesichts des bedrohlichen Artenrückgangs dringend geboten.
Hauptanliegen dieser Kreisflora ist es denn auch, eine möglichst aktuelle Dokumentation unserer Pflanzenwelt zu bieten. Die eigenen Untersuchungen erfolgten vorwiegend zwischen 1975 und 1982. Die Kürze dieser Zeitspanne mag entschuldigen, wenn die eine oder andere Art übersehen, dieser oder jener Fundort nicht erfaßt worden ist.
Weitgehend vollständig berücksichtigt wurden Fundmeldungen anderer Beobachter, auch aus früherer Zeit (vgl. Fundort-Autorenverzeichnis). Schon an dieser Stelle sei auf die verdienstvollen Floren der "Klassiker" des vorigen Jahrhunderts wie STEINVORTH (1849), NÖLDEKE (1890), BUCHENAU (1894) und BRANDES (1897) verwiesen. Sie haben das Kreisgebiet allerdings nur "am Rande" mit einbezogen. Die Rückbesinnung auf diese und auf zahlreiche weitere Beobachtungen späterer Autoren zeigt mit erschreckender Deutlichkeit die zunehmende Verarmung der heimischen Flora. Zugleich wird der unterschiedliche Gefährdungsgrad zahlreicher rezenter Pflanzen deutlich, was die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen unterstreicht. Insofern wird die vorliegende Flora auch zu einer aktualisierten "Roten Liste" für den Landkreis Harburg, die anhand der benutzten Häufigkeitsskala und den Verbreitungsangaben den Gefährdungsgrad bedrohter Arten erkennen lässt.
So ist es denn ein weiteres wichtiges Anliegen dieser Heimatflora, Öffentlichkeit, Behörden, Politiker, Landschaftsgestalter u. a. über den gegenwärtigen Stand der Gefährdung der Pflanzenwelt unseres Landkreises aufzuklären. Die Flora kann eine wichtige Entscheidungshilfe sein, wenn es um landschaftsplanerische Ansprüche, um Ausweisung von Schutzgebieten und damit um Erhaltung oder Vernichtung unersetzlicher Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt geht.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen wurde für die vorliegende Flora als Leit- oder Ordnungsprinzip nicht - wie üblich - die wissenschaftliche Benennung gewählt. Die alphabetische Anordnung der Pflanzen erfolgt nach deutschen Gattungsnamen. Lediglich einige differenzierte, artenreiche Gruppen, deren Gattungsbezeichnungen weniger geläufig sind, stehen in der alphabetischen Abfolge unter ihren deutschen Oberbegriffen: Farne, Orchideen und Simsen.
Dennoch meinen Verfasser und Mitarbeiter. mit dieser Gebietsflora, der neben einer umfassenden Fundortkartei auch eine Belegsammlung (Herbar) kritischer Sippen zugrunde liegt, einen Beitrag zur wissenschaftlichen Dokumentation und Forschung zu leisten.
Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, allen im Autorenverzeichnis Genannten für Hinweise, Fundmeldungen, Revision kritischer Sippen, Durchsicht der Florenliste etc. vielmals zu danken. Die Herausgabe der Flora war nur dank großzügiger Finanzierung seitens des Landkreises Harburg möglich, wofür ich Herrn Oberkreisdirektor H. J. Röhrs zu besonderem Dank verpflichtet bin. Gleichfalls für finanzielle Zuschüsse zur Drucklegung danke ich der Bezirksregierung Lüneburg, Dezernat Naturschutz und Landschaftspflege.
Winsen (Luhe), im Juli 1983
Rolf Müller
Vorwort zur 2. Auflage der "Flora" 1991
Die mit der Veröffentlichung der "Flora des Landkreises Harburg" 1983 verbundenen Erwartungen haben sich erfüllt. Dieser Beitrag zur wissenschaftlichen Dokumentation und Forschung ergab die Grundlage für weitere erfolgreiche Kartierungen, die im 1. Nachtrag nun zur Veröffentlichung kommen.
Das ungewöhnliche Ordnungsprinzip nach deutschen Gattungsnamen fand die Zustimmung der Benutzer.
Behörde, Landschaftsplaner, Botaniker und interessierte Bürger konnten auf gesicherte Angaben zurückgreifen. Die alten Floren (STEINVORTH, BUCHENAU usw.) enthielten lediglich unscharfe Angaben.
Seit Erscheinen der Flora 83 wurden 130 neue Arten im Landkreis entdeckt. Dieses ist auf das wachsende Interesse der Mitbürger zurückzuführen. Abzüglich der 16 Arten , die seit 1983 verschollen sind, konnten im Landkreis mehr als 1.000 Pflanzenarten nachgewiesen werden. Eine stolze Bilanz, die von den Autoren vor 8 Jahren nicht erwartet wurde.
Erfreulich ist die Zahl der Wiederfunde. 21 Arten, die nur aus der Literatur bekannt waren, wurden 1983 - 1990, teils in starken Populationen, wiederentdeckt (Liste 1 Seite 184). 18 Arten müssen nunmehr als verschollen gelten, da sie in den letzten 10 Jahren nicht nachgewiesen werden konnten (Liste 2 Seite 184). 55 Arten bleiben weiterhin ohne Fundorte. Sie waren auch bei der ersten Auflage der Flora 83 nur aus alter Literatur (STEINVORTH 1849) mit sehr ungenauen Standortangaben bekannt (Liste 3 Seite 185).
Die Nomenklatur mußte aufgrund neuerer Erkenntnisse nach dem "Atlas der Farn- und Blütenpflanzen in der Bundesrepublik Deutschland (1988)" in einigen Fällen angepaßt werden. Durch das Niedersächsische Landesverwaltungsamt - Naturschutz - wird jetzt eine Liste veröffentlicht mit Namensänderungen gegenüber Ehrendorfer. Aus aktuellem Anlaß und mit Genehmigung des NLVwA ist diese Liste in die Flora aufgenommen worden. (Seite 196 I - IV) Bei der Kartierung der ersten Flora wurden in 8 Jahren (1975 - 1982) 4245 Fundorte (davon 782 Brombeeren) notiert, beim Nachtrag im gleichen Zeitraum (1983 - 1990) sogar 5000 Standorte. Das Artengefälle im Landkreis von Norden nach Süden war schon immer vermutet. Die Statistik seit 1975 läßt diese Tatsache deutlich werden.
Von Norden nach Süden ergibt sich folgendes Bild:
Meßtischblätter | durchschnittliche Artenzahl |
Harsefeld (TK 2523) - Geesthacht (TK 2528) | 709 |
Heidenau (TK 2623) - Artlenburg (TK 2628) | 553 |
Sittensen (TK 2723) - Salzhausen (TK 2727) | 493 |
Schneverdingen (TK 2824) - Amelinghausen (TK 2827) | 452 |
Die "Rote-Liste-Arten" der Flora 83 und 91 lassen sich nicht vergleichen, weil während des Druckes der ersten Auflage die Gefährdungskategorien geändert wurden.
Die Flora 91 enthält die Rote Liste Niedersachsens mit den gefährdeten Pflanzenarten des Landkreises und den vom 01.10.1983 gültigen Einstufungen.
0 | Sippe im Gebiet verschollen |
1 | Sippe vom Aussterben bedroht |
2 | Sippe stark gefährdet |
3 | Sippe mit allgemeiner Rückgangstendenz |
4 | Sippe potentiell durch ihre Seltenheit gefährdet |
( ) | vermutete Gefährdung |
F | nur im Flachland gefährdet |
Danach ergibt sich folgendes Bild:
RLN | Arten-Anzahl | RLN | Arten-Anzahl |
0 | 2 | (3) | 18 |
1 | 11 | 3F | 19 |
1F | 3 | (3F) | 45 |
(1F) | 1 | 4 | 12 |
2 | 82 | (4) | - |
2F | 19 | 4F | - |
(2F) | 4 | (4F) | 1 |
3 | 103 |
1983 gehörten nach den alten Kategorien 202 ~ 20 % zu den gefährdeten Arten im Landkreis. Dieser Anteil hat sich nach neueren Erkenntnissen nun auf 320 ~ 32 % erhöht. Damit sind 1/3 aller im Landkreis gefundenen Pflanzenarten gefährdet (Stand 1990).
Von der Wissenschaft wird außer der Roten Liste für Deutschland und Niedersachsen auch die Regionalliste für den Schutz der Natur als notwendig angesehen. Aus der "Flora 91" kann zusätzlich eine derartige Liste erstellt werden.
Nach der Bundesartenschutzverordnung - BArtSchV - vom 26.09.1989 erhielten gegenüber BASchV 1980, 14 weitere Pflanzenarten des Landkreises eine Unterschutzstellung. (Seite 16, 17)
Anmerkung zur Ausgabe 91: nachträgliche Änderungen der Flora 83, durch die Roten Liste Niedersachsens oder nach der Bundesartenschutzverordnung (genauere Hinweise siehe Nachtrag), erhielten ein L (RLN) oder ein S (BArtSchV). Fundortangaben im Nachtrag ohne Jahreszahl stammen aus dem Zeitraum 1983 - 1990.
Durch die nun 16 Jahre dauernde Kartierung von 1975 bis 1990 wurde über die vorkommenden häufigen Arten ein besserer Wissensstand erlangt.
17 Arten, die bis 1983 als häufig galten und 15 Arten, mit unterschiedlichen Fundortnachweisen, erhalten im Nachtrag eine vorläufige, neue Bewertung. Die Kartierung der häufigen Arten erfolgte erst ab 1983. Somit sind die Zahlen nicht als endgültig anzusehen.
28 Arten haben nun keine Fundangaben mehr, da sie eine Einstufung als häufig - h erhielten. Andere häufig vorkommende Arten, wie Klee, Fichte, Kiefer, sind neu in die Flora aufgenommen worden.
Erst mit diesem Nachtrag ergibt sich die Möglichkeit, die Ruderalpflanzen allein aufzulisten.
Die Ruderalvegetation besiedelt Standorte, die von Menschen beeinflußt werden, wie Lager- und Müllplätze, Gleisanlagen, Straßenränder oder Abstellflächen auf Bauernhöfen. Ruderal leitet sich ab von dem lateinischen Begriff 'ruderis', was soviel wie Schutt, Mörtel und Ruine bedeutet. Es stellen sich hier Pflanzen und Pflanzengesellschaften ein, die in der unberührten Natur (Waldlandschaft) zu den Seltenheiten zählen. Hört die Beeinflussung des Menschen auf, so verschwinden diese Arten.
Dem Landkreis Harburg gebührt Dank für die Herausgabe der hier vorliegenden zweiten, teilweise überarbeiteten Auflage der Flora und des Nachtrags. Der Dank gilt auch den Informanten, die durch ihre Kartierung das Erscheinen des Nachtrages ermöglichten sowie allen interessierten Bürgern des Landkreises und den Korrekturlesern Herrn Buse und Herrn Gröll.